Donnerstag, 31. März 2011

Wert und Preis

Was genau ist eigentlich ein Wert und was unterscheidet ihn vom Preis? Generell bin ich der Auffassung, dass der Wert einer Sache im herkömmlichen Sinne eine subjektive, persönliche Einschätzung ist. Der Eine misst einem Schal einen höheren Wert bei, als ein Anderer. So gibt es Redensarten, wie z.B. "Das ist es mir wert." Ein klarer Ausdruck von subjektiver Wahrnehmung und Wertschätzung. Der Preis ist bereits eine objektivere Größe, da sich mindestens zwei menschliche Individuen auf ihn geeinigt haben. In einer freien Marktwirtschaft (mit wirklich freien Märkten, nicht wie bei uns) ist der Preis Ausdruck von Angebot und Nachfrage.
Ich Folgenden möchte ich Wert aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Ich möchte versuchen den inhärenten (innewohnenden) Wert einer Sache/Ware anhand verbrauchter Arbeitszeit zu bestimmen und diesen vom Preis abzugrenzen.


Um nun den inhärenten (Arbeitszeit-)Wert einer Ware bestimmen zu können, sollten wir einen Blick auf den Wertschöpfungsprozess werfen und den Gesamtaufwand aus allen Produktionstufen bestimmen.

Beispiel: Der Wert von einem Schal (95% Baumwolle, 5% Polyester) beinhaltet:
Die Zeit, die für den Anbau der Baumwolle benötigt wird | die Erntezeit der Baumwolle | die Zeit, die für die Gewinnung von Polyester benötigt wird | die Zeit für den Transport der Rohstoffe von den "Erzeugnisstätten" zum Schalproduzenten | die Zeit für die Fertigung des Schals und schließlich die Zeit für den Transport des Schals in die Boutique, in der der Schal seinen Käufer findet.
Annäherungsweise kann man den Wert in Durchschnitts-Arbeitslohn-Euros ausdrücken. Wenn der Schal produziert und zum Verkauf im Regal liegt, dann ändert sich an seinem Wert nichts mehr.

Der Preis eines Schals ist der Betrag, den der Markt eben hergibt: das Verhältnis von Angebot und Nachfrage. So kann es passieren, dass Schals über Wert verkauft werden (Preis > Wert). Es kann aber auch passieren, dass Schals unter Wert (Preis < Wert) verkauft werden müssen (z.B. wenn sie außer Mode gekommen sind), damit die Kosten wenigstens noch teilweise gedeckt werden.

Eine Ware wird nicht wertvoller, nur weil sie teurer wurde!
Das ist eine wichtige Erkenntnis. Wenn aufgrund eines Modetrends auf einmal alle Leute wie bescheuert blau/weiß karierte Schals nachfragen und ein Ansturm auf Boutiquen einsetzt, dann können diese vielleicht 5 € mehr verlangen und bekommen das auch bezahlt. Trotzdem sind die blau/weiß karierten Schals nicht im Wert gestiegen. Was gestiegen ist, ist ihr Preis und mit dem Preis der Gewinn des Verkäufers.
Eine Immobilie z.B. steigt nicht im Wert, nur weil sie teurer wurde. Im Wert steigt sie, wenn ich ein neues Bad ein-, das Dachgeschoss aus- oder einen Carport anbaue, also neue Zeit investiere.


Angewendet auf reale Sachwerte am Beispiel Gold
Der WertDie Goldförderung und Aufbereitung verursachte im Jahr 2009 einen Aufwand in Höhe von ca. 717 US$. (Quelle) Dem ist noch der Aufwand für die Prägung der Feinunzenmünze (31,1 Gramm) hinzuzufügen. Der Geologe Dr. Joachim Berlenbach spricht von einem Selbstkostenpreis der Goldminenbetreiber in Höhe von 1.000 $ pro Unze. (Stand: 01.03.11, Quelle)
Würden alle am Herstellungsprozess beteiligten Arbeitskräfte den gleichen Lohn erhalten, z.B. 20 $ pro Stunde, dann beträgt der Wert der Feinunze ca. 40 Arbeitsstunden. Und der ändert sich auch nicht mehr, wenn die Feinunze zum Verkauf beim Händler im Regal liegt.

Der PreisAm 31.03.2010 lag der Preis einer Feinunze Gold (Londoner Fixing) bei 1.115 $, heute (genau ein Jahr später) kostet eine Feinunze Gold 1.439 $. Der Preis ist gestiegen, aber am Wert der Feinunze hat sich nichts verändert.

Diese Erkentnis bedeutet für fallende Goldpreise, dass der Preis kurzfristig unter den Selbstkostenpreis, nehmen wir an es seien immer noch 717 $, fallen könnte. Allerings würden dann die Goldminen die Förderung einstellen. Warum sollten sie Gold in wenig ergibiegen und teuren Regionen fördern, wenn sie unter Wert verkaufen müssten? Aufgrund dessen verknappt sich das Angebot bei gleicher Nachfrage und der Preis steigt wieder. Auf Dauer kann der Goldpreis nicht unter den Wert fallen!


Die logische Konsequenz für unser Geld
Wenn der zeitliche Aufwand, einen 10-€–Schein zu drucken fast null ist, wäre nach aufgezeigter Logik sein Wert = null. Genauso ist es. Sein "Preis" aber beträgt 10 €. Dieser bildet sich jedoch nicht zwischen freien Individuen auf einem freien Markt, sondern wird einfach so vorgegeben.
Der Bäcker gibt mir dafür 4 Brote und 2 Croissants. Ist das nicht Beschiss? Natürlich, aber der Bäcker kann das machen, weil er den Schwarzen Peter an die Mühle weitergeben kann und Mehl dafür bekommt. Die Mühle tauscht den Schein gegen Diesel zum Betreiben der Mühle...

Das Spiel geht solange gut, solange jeder glaubt, der Schein hätte einen Wert. Erst dann werden wahrscheinlich echte Werte gesucht werden...